(Ver)Schweigen

„Wenn sie dann nichts mehr akutes haben, dann würde ich jetzt gerne weiter machen..Oder ist noch irgendwas wichtiges?“
„Nein…. ist oke…. alles gut…. “

Ja. Da sitze ich da und schweige. Schweige alles weg. Meinen Zusammenbruch letzte Woche, meine Lebensmüden Gedanken, meine Ängste. Mein hass auf diese ganze Krankheit.
Es ist alles oke. Ich sitze da und verschweige alles. Und das Skizzenbuch hab ich ihr auch nicht gezeigt…

Dafür war das, was wir dann gemacht haben, interessant und ganz oke. Es hat mich nicht wieder direkt ins Traume zurück geworfen. Ich hab ein paar Fragenbögen zu Traumafolgen ausgefüllt, wir haben ein wenig darüber geredet, und dann war auch schon schluss. Nächste Woche habe ich nicht, da ist das Musical-Projekt und ich wohne die ganze Zeit bei Freunden, und Zeit für Therapie habe ich die Woche wohl auch nicht. Ich soll mich mal melden, wie es ist, weil ich gesagt habe, dass ich ein wenig Angst habe, dass mir das zu viel werden würde. Eine Woche nicht zu Hause, nicht alleine, und eine Woche den ganzen Tag Programm… das wird anstrengend. Aber ich freu mich. Ich soll mich nicht so unter Druck setzen, und wenns nicht geht, soll ich Pausen machen, soll ehrlich sein, wenns nicht geht und mich nicht zwingen. Aber das geht nicht. Meine Lehrerin hat so dafür gekämpft, dass wir da mitmachen dürfen, da kann ich dann nicht einfach aufgeben.

Beziehungsproblem

Ich habe zum ersten Mal richtig erkannt, dass ich Probleme mit Beziehungen, mit Nähe und Distanz habe, mit geben und nehmen in einer Beziehung. Aufgefallen ist mir das schon nach der Aussprache mit D., aber heute habe ich das alles noch mal mit meiner Therapeutin darüber gesprochen. Sehr ausführlich. Ich hab immer mehr genommen, er musste immer auf mich achten, Verantwortung für mich übernehmen, auch, als es nicht mehr nötig war. Ich habe immer bestimmt, wann Nähe und wann Distanz. Er hat immer mit gemacht, hat immer vorsichtig gefragt ob ich das möchte, wenn nicht, hat er es gelassen. Er musste immer zurück stecken. Das ist mir damals nicht aufgefallen… aber so kann auf Dauer keine Beziehung klappen, das ist mir mitlerweile auch klar. Es ist vieles schief gelaufen, an vielen war ich, bzw. meine Krankheit schuld. Warum hat mir das damals keine Therapeutin gesagt? Vermutlich weil ich niemals darüber geredet habe in einer Therapie, weil es mir peinlich war und ich dachte, es wäre nicht so ein Problem, als dass ich das ansprechen müsste.
Viel lag auch an dem Gerede. Aber noch viel mehr an meiner Krankheit und an mir. Er hat auch Fehler gemacht, ja. Er hat es auch eingesehen. Aber lange Jahre war ich überzeugt, dass er die meisten Fehler gemacht hat. Ich war so naiv. Ich hab geglaubt, er tut nur mir weh. Nein, ich habe ihm mindestens genausoviel, wenn nicht noch mehr weh getan, vorallem mit meinem schweigen, womit ich Ihn eigentlich nur schützen wollte. Er hat es genauso getan. Schlechte Idee von uns gewesen.

Fakt ist: Ich habe eingesehen, dass ich damit ein Problem habe. Ein großes. Und ehe ich nicht mein Trauma halbwegs bearbeitet habe, brauche ich nicht mal daran denken, wieder eine Beziehung einzugehen. Vielleicht kann ich das auch nie wieder.

Alle anderen Beziehungen hatte ich nicht, weil ich diese Jungs/Männer geliebt habe. Nein. Ich wollte nicht alleine sein und es hat mir Bestätigung gegeben. Und ich wurde gebraucht. In allen anderen Beziehungen wurde komischerweise ich mehr gebraucht. Aber das lies mich fast kalt, außer bei D..
Ich bin echt ein schrecklicher Mensch… könnte kotzen, wenn ich daran denke. Ich hasse mich, mal wieder…

Und gleichzeitig sehne ich mich nach Liebe, Zuneigung, suche Bestätigung. Will gebraucht werden. Geliebt werden. Will liebe geben, Geborgenheit geben und bekomme.
Doch ich weiß, dass es in einem normalen Maß nicht klappt. Zumindest nicht so, dass beide zufrieden sind.

Gefangen in mir…

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Das habe ich in der Klinik „gemalt“. Gekrickelt würde eher passen. Aber es ging nicht um die Schönheit eines Bildes, sondern es ging darum, was es ausdrückt:
Ich bin gefangen in mir selbst.
Das hat selbst meine Therapeutin heute gemerkt. Doch sie meinte, dass ich in mir gefangen sei, weil ich mich selbst einsperre.
Das sagte sie, nachdem ich erzählt hatte, was mir immer für ein Bild in den Kopf kam, wenn wir in der Klinik die Tresorübung machten, eine Imaginationsübung.
Es klappte immer wunderbar, ich habe mir eine große Wiese vorgestellt auf der in der Mitte ein riesiger, schwarzer Tresor aus schwerem Metall steht, der mit vielen verschiedenen Schlössern verschlossen wurde. So weit, so gut.
Doch dann legte ich nicht irgendwelche belastenden Dinge rein, wie etwa Bilder oder Schriftstücke, nein, ich sperrte mich selbst in diesem Tresor ein, den man von innen natürlich nicht öffnen konnte. Ich sperrte mich immer ein, um zu sterben.
Meine Therapeutin ist der Meinung, dass ich das wirklich so mache. Ich könnte es etwas einfacher haben, ich müsste nur manche Türen öffnen und sie öffnen lassen. Mich nicht immer mit aller Kraft vor allem weg sperren, beschützen. Ebenso auch mit meinen Eltern. Sie würden sich, meiner Therapeutin nach, weniger Sorgen machen, wenn sie wüssten, warum ich so bin wie ich bin. Warum ich krank bin. Was damals passiert ist. Sie würden sich nicht immer die Frage stellen müssen, ob sie schuld sind, ob sie etwas falsch gemacht haben.
Doch sie würden sich Vorwürfe machen, mir Vorwürfe machen.
Nun habe ich überlegt, ob ich meinen Eltern, zusammen mit meiner Therapeutin, erzähle, was damals passierte, jedoch nicht durch wen.
Damit könnte ich vielleicht leben und meine Eltern vielleicht auch. Sie würden mich besser verstehen und sich nicht immer Vorwürfe machen. Mal gucken, ich werde das mal meiner Therapeutin vorschlagen.